Gruß an meine Drainerin

Ihr habt richtig gelesen, das ist kein Tippfehler. Ich bin zufällig beim Einkaufen meiner langjährigen Physiotherapeutin über den Weg gelaufen, bei der ich regelmäßig zur Lymphdrainage gegangen bin.

Ungefähr zur Halbzeit der ersten Chemotherapie, im Juni 2012, war plötzlich mein linker Fuß und Unterschenkel stark angeschwollen. Die Folge war eine Reihe von Untersuchungen, zuerst auf Thrombose (interessant war die Ultraschall-Venenuntersuchung mit akustischer Live-Übertragung des Blutrauschens), dann beim Orthopäden und Radiologen, der Roentgen und MRT angeordnet hat. Schließlich bin ich mit der Diagnose Lymphödem von August 2012 bis Dezember 2015 Stammgast in der Physiotherapie geworden, wo anfangs mehrmals in der Woche, dann noch einmal in der Woche während jeweils 45 Minuten manuelle Lymphdrainage (MLD) gemacht worden ist. Unterbrechungen bei diesen regelmäßigen Terminen gab es nur für Kurzurlaube und Klinik- und Reha-Aufenthalte. Nach den ersten Besserungen bekam ich dann einen Stützstrumpf angepasst, der ziemlich lästig war, weil mein Bein nicht immer gleich viel geschwollen war. So ist er dann mal gerutscht, mal hat er ziemlich gedrückt. Besonders unangenehm war es im Sommer bei Hitze. Noch schlimmer war allerdings die Bandagierung, die in der Physiotherapie der ersten Reha gemacht worden ist – die war so dick, dass ich keine Schuhe drüber ziehen konnte und somit Hausarrest hatte.

Die meisten der Lymphdrainagen hatte ich bei Ulrike B., die sich hier auch schon mal in einem Kommentar zu Wort gemeldet hat. Die 45 Minuten vergingen immer wie im Flug, da wir uns über alles Mögliche unterhalten haben, von Gesellschaftsspielen über Filme zu Reiseerfahrungen, Familie, Freizeitgestaltung oder das aktuelle Weltgeschehen. Sie hat zwar vor dem Ende meiner MLD-Reihen den Arbeitsplatz gewechselt, so dass ich dann von einer Kollegin weiterbetreut wurde, aber sie hat wohl so gute Vorarbeit geleistet, dass ich seit Dezember 2015 ohne Lymphdrainagen auskomme. Der linke Fuß ist zwar immer noch etwas dicker als der rechte, deshalb muss ich beim Schuhkauf nicht nur auf die passende Größe achten, sondern auch nach besonders weiten Schuhen fragen. Seit mittlerweile anderthalb Jahren komme ich sehr gut ohne Lymphdrainagen über die Runden.

Also nochmals vielen Dank, liebe Ulrike B.,  für die vielen netten Plauderstündchen!

Magnus

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By rorkhete, via Wikimedia Commons

Gestern Abend habe ich mir den Film Magnus (im deutschen Untertitel „der Mozart des Schachs“) angeschaut und war positiv überrascht. Es ist kein Spielfilm, der das Leben des aktuellen Weltmeisters Magnus Carlsen nacherzählt, sondern ein Dokumentarfilm, der dank vieler Familienaufnahmen den Werdegang vom 4jährigen Buben bis zum 23jährigen Weltmeister begleitet. Der Hintergrundkommentar dazu ist größtenteils vom Vater oder auch von Magnus selbst. Der Vater war bei der ganzen außergewöhnlichen Karriere seines Sohnes immer dabei, hat aber nicht wie andere (z.B. Tenniseltern) Drill und Zwang angewandt – selbst gegen den Rat großer Spieler wie Garri Kasparow, die meinten, ohne Disziplin und ernsthafte Arbeit würde das große Talent des damals 13jährigen vergeudet. Der Ehrgeiz des jungen Magnus ist auch ohne Druck der Eltern stark genug, wie seine Reaktionen auf verlorene Partien zeigen.

Interessant ist der Einblick in die Denkweise eines Großmeisters, wobei keine Eröffnungsvarianten oder taktische Finessen gezeigt werden. Den Film kann man sich ganz gut auch ohne Schachkenntnisse anschauen. Am meisten beeindruckt hat mich eine Antwort auf die Frage des Interviewers, ob er auch jetzt, während des Interviews, an Schach denke: „Ja natürlich“. Er scheint wie ein Multitasking-Computer immer einen Hintergrundjob im Kopf laufen zu haben, der Schachstellungen bewertet. Das unterscheidet ihn wohl von normalsterblichen Patzern wie unsereins.

Andererseits kann er aber auch, vor allem im Kreis seiner Eltern und Schwestern, entspannen, z.B. am Ruhetag der Weltmeisterschaft mit albernen Kinderliedern und Donald-Duck-Geschichten. Ausgespart wird vom Film allerdings sein sozialer Umgang mit anderen Spitzenspielern, der nicht besonders herzlich und kollegial sein soll.

Der Film wird wohl kaum zum großen Kinoerfolg werden. Wer ihn sehen will, muss sich wohl die DVD ausleihen oder kaufen. Auf jeden Fall sehenswert, nicht nur für Schachspieler.

Links zum Film: IMDB, amazon.de