Dokumentation „Böses Blut“

Vor ein paar Tagen ist bei EinsPlus die Dokumentation Böses Blut wiederholt worden, die wie ich finde ziemlich reißerisch die Risiken einer Bluttransfusion „aufdeckt“.

Viele dieser Risiken basieren auf Statistiken wie Todesraten nach OPs oder nach Krebstherapien mit/ohne Transfusion. Nur am Rande wurde erwähnt, dass bei besonders kranken Menschen oder bei besonders schweren OPs natürlich auch häufiger Fremdblut benötigt wird und daher die Todesrate bei diesem Kreis sowieso höher ist.

Wie eine Bluttransfusion noch 10 Jahre nach einer Transfusion eine Leukämie oder ein Lymphom auslösen soll, kann ich als Laie nicht nachvollziehen, da die Lebensdauer der einzelnen Blutzellen doch nur wenige Tage beträgt. Danach werden sie durch neue, von den Stammzellen im Knochenmark produzierte Zellen ersetzt. Rote Blutkörperchen, die meistens gegeben werden, enthalten nicht mal DNA.

Im übrigen wurde ich vor meiner ersten Bluttransfusion mit einem zu unterschreibenden Aufklärungsbogen über die Risiken informiert. Muster dafür sind auch im Internet zu finden. Die Behauptung, dass Risiken verheimlicht werden, stimmt also auch nicht.

Dass mit gespendetem Blut auch Geld verdient wird, ist ebenfalls nicht neu. Dazu ist die Nachfrage durch Krankenhäuser und die Pharmaindustrie zu groß. Allein deswegen kann man sich schon ziemlich sicher sein, dass Blutbeutel nicht einfach so, quasi als „Wellnessprodukt“, verabreicht werden, sondern dass verantwortungsvoll damit umgegangen wird.

Ich befürchte, der Film bewirkt nur, dass die Anzahl der Blutspenden zurückgeht und die Patienten verunsichert sind. Mich erinnert die Argumentation an die Impfdiskussionen.

Das ist meine Sicht als Patient, der wahrscheinlich im Lauf von 2 Jahren ca 30 Blutbeutel (Erythrozyten, Thrombozyten und Plasma) erhalten hat und jetzt durch die Stammzellentransplatation dauerhaft mit dem Blut einer lieben Spenderin lebt.

Thrombozyten

Die Spender-Stammzellen scheinen endlich auch die Produktion von Thrombozyten (Blutplättchen für die Blutgerinnung) aufgenommen zu haben.

Bisher gab es immer eine Zickzack-Kurve zwischen Transfusionen und Verschwinden der Thrombos.  Seit Montag ist die Thrombo-Anzahl jedoch von 21000 auf 32000 angestiegen. Das ist zwar immer noch weit entfernt rom Normbereich (>140000), aber die Wende scheint geschafft.

CT-Befund: betroffene Lymphknoten deutlich rückgängig – nochmal DANKE an die Spenderin!

Zwischenbilanz nach einer Woche

Seit einer guten Woche bin ich jetzt zu Hause, und leider hat sich mein Zustand seitdem eher verschlechtert als verbessert.

Dem Immunsystem V2.0 hat es wohl nicht geholfen, dass man seine aktuellen Gegenspieler so genau während des 2-wöchigen stationären Aufenthalts bestimmt hat (Pneumonie mit Parainfluenza, Panzytopenie), im Gegenteil – ich habe den Eindruck, dass es den Kampf noch gar nicht aufgenommen hat.

Ich brauche weiterhin alle paar Tage eine Thrombozytentransfusion, wobei noch unklar ist, warum die so schnell wieder runtergehen.

Meine Muskeln und meine Trittsicherheit nehmen von Tag zu Tag ab. Meine Hoffnung, dass kleine Spaziergänge ausreichen würden, um die Fitness zumindest langsam zu verbessern, haben sich nicht erfüllt. Glücklicherweise liegen Bushaltestelle und Edeka gerade noch im erreichbaren Umfeld  (noch).

Essen ist immer noch schwierig. Wenn man dauernd eine belegte Zunge und einen belegten Gaumen hat, schmeckt es erstens nicht, und zweitens hat man auch mit Kau- und Schluckproblemen zu tun (Gruß an Jonas, das Problem scheinst Du nicht zu kennen). Man bekommt zwar immer den gutgemeinten Rat, sich zum Essen zu zwingen, das ist jedoch leichter gesagt als getan.

Gestern habe ich die Batterien meiner Waage endlich ausgetauscht – dafür gab’s heute morgen beim Wiegen den Schock: 53 kg bei 1,78 m Körpergröße.

Ein weiteres Problem (und dann verschon ich Euch für heute) sind meine Venen. Selbst erfahrene Krankenschwestern und Ärztinnen verzweifeln fast bei der Suche nach einer Vene, die noch was hergibt. Schöne Aussichten, wenn ich alle paar Tage zur Blutbildkontrolle oder zu Transfusionen soll. Eine Lösung weiß hier auch niemand. Jetzt noch, nach der Transplantation, einen Port einzubauen, geht wohl nicht.

Die Frage ist, wie es nun besser werden soll? Ich hätte mich zwar wieder stationär einweisen lassen können – der Koffer stand schon hinter der Wohnungstür bereit, würde dann aber in einer Woche genauso dastehen wie heute – mit noch mehr Bedenken, wie’s jemals wieder normal werden soll.

Eventuell ergibt sich die Möglichkeit einer speziell abgestimmten Reha – das wird sich aber noch ein paar Tage hinziehen, falls es überhaupt so was gibt.

anstrengende Freiheit

seit Samstag bin ich wieder zu Hause, und merke, dass man doch hier mehr gefordert wird als auf der Station. Da jetzt alle Infektionen genau benannt sind, hoffe ich, dass deren Bekämpfung zügig vorankommt.

Heute war erster Nachsorgetermin in der Ambulanz. Die Blutwerte sind anscheinend ganz ok, nur bei den Thrombozyten sind für morgen und Sonntag Nachfüllpackungen bestellt.

Thrombozyten, Fragmentozyten

Heute gab es jetzt doch Nachschub für die Thrombozyten. Vorher wurden noch ein paar Venen zerstochen, dann hieß es warten auf die Thrombos. Insgesamt war ich von 9:30 bis 15:00 in der Tagesklinik.

Beim Blutbild wurde außerdem eine erhöhte Anzahl Fragmentozyten festgestellt, das sind Trümmerteile von roten Blutkörperchen. Zur Kontrolle darf ich morgen jetzt erneut antreten …

Weitere Nachrichten (die nichts mit Morbus Hodgkin zu tun haben):

– ein Aushang informiert uns, dass nächste Woche im Haus an der Kanalisation gearbeitet wird, und wir deswegen dann möglichst wenig Wasser verbrauchen sollen. Für Schäden in Kellerräumen kommt die ausführende Firma aber angeblich nicht auf – toll.

– zu guter Letzt hat der Fernseher seine ganze Senderliste „vergessen“. Man hat ja sonst nichts zu tun.

D+14: neue Sommerfrisur

Heute morgen waren fast mehr Haare auf dem Kopfkissen als auf der Kopfhaut. Deshalb durfte die stationseigene „Friseurin“ mit der Maschine ran und verpasste mir diesen modischen Kurzhaarschnitt:

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Damit werde ich wohl gut durch den heißen Sommer kommen.

Der Thrombozytenspeicher musste heute schon wieder nachgefüllt werden, die Leukozyten sind weiterhin selbstständig auf dem Weg nach oben. Normales Essen sollte nach derzeitiger Planung ab dem Wochenende wieder in Betracht gezogen werden.

D+7: Blutwerte

Heute gab es keine besonderen Vorkommnisse – was mir auch ganz recht ist. Ich habe sogar ausnahmsweise mal relativ gut geschlafen.

Gestern habe ich mir die Blutwerte der letzten Tage aushändigen lassen. Natürlich strotzen sie nur so von Minuszeichen. Normal, wenn die verbrauchten alten Blutbestandteile nicht durch neu produzierte aufgefüllt werden.

Am auffälligsten sind die Leukozyten: Richtwert 4,3-10,1 G/l, bei mir gerade noch 0,01. Im Normbereich war ich zuletzt an d-3, also noch während der Chemo. Danach ging es rasant bergab. Weniger als 0,01 gibt die Ausgabegenauigkeit nicht her, es kann also nur bergauf gehen.

Die Erythrozyten sind mit 3.19 fast noch im Normbereich von 4,3-5,9 T/l. Allerdings wurde hier schon mal mit 2 Beutelchen nachgeholfen.

Bei den Thrombozyten gibt es einen Jo-Jo-Effekt. Der Normbereich von 140-440 G/l ist zur Zeit unerreichbar. Deshalb wird hier mit Transfusionen nachgeholfen, sobald der Wert unter 10 sinkt. Am Tag darauf kann er dann schon mal bei 17 liegen, das ist aber nur von kurzer Dauer. Spätestens am 2. Tag ist die 10 schon wieder unterschritten.

Liebe Stammzellen: Wenn Ihr dann nicht mehr mit dem Umzug beschäftigt seid, könntet Ihr wieder mit der Blutproduktion beginnen!

D+5: Fastenzeit

Nein, fasten muss ich natürlich nicht. Da jedoch keine feste Nahrung mehr runterrutschen will, habe ich heute bis auf weiteres die Essenslieferungen aus der Diätküche abbestellt. Mein Frühstück, Mittagessen und Abendessen schaut jetzt so aus:

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und läuft direkt über den Venenkatheter ein. Noch verursacht das Schlucken keine Schmerzen, aber auch dagegen steht schon ein Mittelchen bereit.

Die gestrige Extrapackung Thrombozyten war wohl schnell aufgebraucht, denn heute morgen hatte ich etwas Nasenbluten. Also gab es heute schon wieder ein Tütchen Thrombos.

Ansonsten angesagt: Nichtstun …

D+4: Geduld

Herr, gib mir Geduld, aber bitte sofort!

 
Ja, geduldig zu sein fällt schwer, wenn ich daran denke, dass ich heute am Tag D+4 bin, und erst in ca 10 Tagen mit einer Aktivität der neuen Stammzellen zu rechnen ist.

Das Essen reduziert sich vor allem auf Obst und Infusionsbeutel, der sonntägliche Frühstückshefezopf wollte heute nicht hinunter. Zusätzlich gab’s heute das 3. Thrombozytenkonzentrat, und eventuell kommen noch zwei Beutel roter Blutkörperchen. Dann sind die meisten Speicher wieder gefüllt – bis auf die Leukozyten, die wohl derzeit nicht mehr nachweisbar sind.

Trotz allem verläuft aber wohl immer noch alles nach Plan, die Ärztin hat heute morgen gemeint, man würde mir gar nicht ansehen, dass sie überhaupt etwas mit mir angestellt hat.