Unsere Stammzellen

Zum Kommentar meiner Blutsschwester im vorherigen Beitrag:

Liebe Blutsschwester,

die Grüße habe ich ausgerichtet, aber ich muss unsere Stammzellen in Schutz nehmen. Sie haben ganze Arbeit geleistet, da sie ja nachweislich vermehrt Leukozyten produziert haben, die sich ins Kampfgetümmel (wo auch immer) stürzen konnten. Offensichtlich fehlt es den Leukozyten noch an einer Mustersammlung von Antikörpern, die sie erst nach und nach von Infektion zu Infektion aufbauen können. Ich bemühe mich jedenfalls, bei jeder umherschwirrenden Krankheit ein paar Übungsteile mitzunehmen …

D+19: Strenge Isolation aufgehoben

Heute waren die Leukozyten bei über 2, während die Thrombozyten nochmal aufgefüllt werden mussten.

Das Wichtigste ist jedoch: die strenge Isolation ist jetzt aufgehoben,d.h.
– die grünen Kittel für Personal und Besucher sind abgeschafft, es reicht ein Mundschutz,
– ich darf mein Zimmer für kleine Ausflüge innerhalb des Klinikgeländes verlassen, allerdings muss ich mich dafür vorher und nachher komplett umziehen und einen speziellen Mundschutz tragen. Hier zum Beweis ein Foto eines Innenhofes:

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Allerdings habe ich dabei gemerkt, wie schnell man ermüdet. Ich bin also jetzt zusätzlich motiviert für die Physiotherapie.

D+17: Leukozyten über dem ersten wichtigen Grenzwert

Gestern abend habe ich eine Neupogenspritze bekommen, und diese erste Spritze hat voll reingeschlagen. Innerhalb einer Nacht sind die Leukozyten von 0,26 auf 1,05 gesprungen – und dies sogar ohne die erwarteten Knochenschmerzen, die hat das bisschen Morphin wohl abgeblockt. Nach Brentuximab ist Neupogen mein zweites Lieblingsmedikament.

Jetzt bleibt noch abzuwarten, ob der Thrombozytenanteil auch ohne weitere Transfusionen ansteigen kann.

Wenn ich mich dann noch dazu entschließen kann, normal zu essen, rückt meine Entlassung langsam in greifbare Nähe.

D+13: Es geht aufwärts!

Die Leukos haben sich von gestern auf heute fast verdoppelt und erreichen jetzt den Wert von 0,2. Damit haben sie endgültig den Bereich statistischer Schwankungen verlassen. Weiter so! In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob sie sich schon mit den sie umgebenden Zellen angefreundet haben oder sie noch als Fremdkörper bekämpfen.

Bei den Thrombozyten gibt es noch keine eindeutige Aussage, da ich gestern noch eine Transfusion erhalten habe und eigene und fremde Thrombozyten sich vermischen.

2.  Besuch der Klinikclowns: seit ihrem Auftritt vor 2 Wochen lesen sie fleißig hier mit und haben deshalb auch die Antwort auf Ulrikes Frage mitgebracht. Die Blumengirlanden sind aus Stoff und verlassen die Station nicht.

D+7: Blutwerte

Heute gab es keine besonderen Vorkommnisse – was mir auch ganz recht ist. Ich habe sogar ausnahmsweise mal relativ gut geschlafen.

Gestern habe ich mir die Blutwerte der letzten Tage aushändigen lassen. Natürlich strotzen sie nur so von Minuszeichen. Normal, wenn die verbrauchten alten Blutbestandteile nicht durch neu produzierte aufgefüllt werden.

Am auffälligsten sind die Leukozyten: Richtwert 4,3-10,1 G/l, bei mir gerade noch 0,01. Im Normbereich war ich zuletzt an d-3, also noch während der Chemo. Danach ging es rasant bergab. Weniger als 0,01 gibt die Ausgabegenauigkeit nicht her, es kann also nur bergauf gehen.

Die Erythrozyten sind mit 3.19 fast noch im Normbereich von 4,3-5,9 T/l. Allerdings wurde hier schon mal mit 2 Beutelchen nachgeholfen.

Bei den Thrombozyten gibt es einen Jo-Jo-Effekt. Der Normbereich von 140-440 G/l ist zur Zeit unerreichbar. Deshalb wird hier mit Transfusionen nachgeholfen, sobald der Wert unter 10 sinkt. Am Tag darauf kann er dann schon mal bei 17 liegen, das ist aber nur von kurzer Dauer. Spätestens am 2. Tag ist die 10 schon wieder unterschritten.

Liebe Stammzellen: Wenn Ihr dann nicht mehr mit dem Umzug beschäftigt seid, könntet Ihr wieder mit der Blutproduktion beginnen!

D+4: Geduld

Herr, gib mir Geduld, aber bitte sofort!

 
Ja, geduldig zu sein fällt schwer, wenn ich daran denke, dass ich heute am Tag D+4 bin, und erst in ca 10 Tagen mit einer Aktivität der neuen Stammzellen zu rechnen ist.

Das Essen reduziert sich vor allem auf Obst und Infusionsbeutel, der sonntägliche Frühstückshefezopf wollte heute nicht hinunter. Zusätzlich gab’s heute das 3. Thrombozytenkonzentrat, und eventuell kommen noch zwei Beutel roter Blutkörperchen. Dann sind die meisten Speicher wieder gefüllt – bis auf die Leukozyten, die wohl derzeit nicht mehr nachweisbar sind.

Trotz allem verläuft aber wohl immer noch alles nach Plan, die Ärztin hat heute morgen gemeint, man würde mir gar nicht ansehen, dass sie überhaupt etwas mit mir angestellt hat.