Gestern Abend habe ich mir den Film Magnus (im deutschen Untertitel „der Mozart des Schachs“) angeschaut und war positiv überrascht. Es ist kein Spielfilm, der das Leben des aktuellen Weltmeisters Magnus Carlsen nacherzählt, sondern ein Dokumentarfilm, der dank vieler Familienaufnahmen den Werdegang vom 4jährigen Buben bis zum 23jährigen Weltmeister begleitet. Der Hintergrundkommentar dazu ist größtenteils vom Vater oder auch von Magnus selbst. Der Vater war bei der ganzen außergewöhnlichen Karriere seines Sohnes immer dabei, hat aber nicht wie andere (z.B. Tenniseltern) Drill und Zwang angewandt – selbst gegen den Rat großer Spieler wie Garri Kasparow, die meinten, ohne Disziplin und ernsthafte Arbeit würde das große Talent des damals 13jährigen vergeudet. Der Ehrgeiz des jungen Magnus ist auch ohne Druck der Eltern stark genug, wie seine Reaktionen auf verlorene Partien zeigen.
Interessant ist der Einblick in die Denkweise eines Großmeisters, wobei keine Eröffnungsvarianten oder taktische Finessen gezeigt werden. Den Film kann man sich ganz gut auch ohne Schachkenntnisse anschauen. Am meisten beeindruckt hat mich eine Antwort auf die Frage des Interviewers, ob er auch jetzt, während des Interviews, an Schach denke: „Ja natürlich“. Er scheint wie ein Multitasking-Computer immer einen Hintergrundjob im Kopf laufen zu haben, der Schachstellungen bewertet. Das unterscheidet ihn wohl von normalsterblichen Patzern wie unsereins.
Andererseits kann er aber auch, vor allem im Kreis seiner Eltern und Schwestern, entspannen, z.B. am Ruhetag der Weltmeisterschaft mit albernen Kinderliedern und Donald-Duck-Geschichten. Ausgespart wird vom Film allerdings sein sozialer Umgang mit anderen Spitzenspielern, der nicht besonders herzlich und kollegial sein soll.
Der Film wird wohl kaum zum großen Kinoerfolg werden. Wer ihn sehen will, muss sich wohl die DVD ausleihen oder kaufen. Auf jeden Fall sehenswert, nicht nur für Schachspieler.