Gestern wurde im @SWR der Dokumentarfilm Blutsgeschwister ausgestrahlt, der auch in der Mediathek zu finden ist (die Inhaltsangabe und der Link zur Mediathek sind im Link enthalten). Der Titel ist mir natürlich sofort ins Auge gesprungen, da dies auch die Bezeichnung war, die meine Spenderin und ich in unserem kontrollierten anonymen Briefverkehr der ersten beiden Jahre mangels Namen verwendet haben. Die Geschichte der beiden jungen Mädchen, die wegen einer Leukämie mit einer Stammzellentransplantation behandelt wurden, hat meine Erinnerung an die eigenen Erfahrungen wieder wachgerüttelt.
Einige Einzelheiten waren in meinem Fall anders, z.B. hatte ich gleich vom ersten Tag an den oben erwähnten anonymen Briefkontakt mit meiner Spenderin (mit Zensur durch das Krankenhaus oder die DKMS). Anderes konnte ich ganz gut nachvollziehen (die Details sind in den Beiträgen der ersten Jahre dieses Blogs nachzulesen):
- die Anstrengungen der Hochdosis-Chemotherapie vor der Transplantation,
- die Freude am Tag 0 über das Ankommen der Stammzellen,
- die Dankbarkeit für die Spenderin
- das lange Bangen und Hoffen, ob und wann die neuen Stammzellen aktiv werden,
- die unausweichlichen Infektionen und die damit einhergehenden Probleme beim Sprechen und Essen
- der Muskelschwund und die allgemeine Schwäche wegen des langen Liegens
- die unzähligen Bluttransfusionen
- die Freude über die ersten Schritte im Innenhof des Krankenhauses
- die Unterstützung durch Angehörige und Freunde
- die Freude über die Entlassung aus der Isolierstation
- die Enttäuschung über wiederkehrende hartnäckige Infektionen und Wiedereinlieferung ins Krankenhaus
- die Einschränkungen beim Essen (viele verbotene Speisen)
- der langsame Weg nach oben (anfangs in der Reha in Oberstaufen)
- das bange Gefühl vor dem nächsten Nachsorgetermin und die Erleichterung, wenn ein gutes Ergebnis dabei herauskam
- die Freude über die allmähliche Rückkehr in den Alltag mit einer bewussteren Wahrnehmung dessen, was vorher selbstverständlich war
- das spannende Warten auf die Freigabe der Identität der Spenderin
- die Freude über das Kennenlernen und das erste Zusammentreffen mit meiner Blutsschwester
Bei all dem hätte ich nicht unbedingt immer eine Fernsehkamera dabei haben wollen. Ich bewundere daher die beiden Mädchen und ihr Umfeld, dass sie darin eingewilligt haben (auch in sehr schweren Phasen). Leider gibt es in einem der geschilderten Fälle kein Happy-End.
In meinem Fall haben die neuen Stammzellen ein funktionierendes Immunsystem aufgebaut, das mich bisher auch ohne Infektionen durch die Corona-Pandemie gebracht hat (in 3-4 Wochen steht die Drittimpfung mit Biontech nach zweimal AstraZeneca an).
Zum Abschluss noch einmal (man kann es nicht oft genug sagen):
Ganz herzlichen Dank für ein neues Leben, liebe Britta!
Lieber Blutsbruder,
Ich freue mich nachwievor sehr darüber, dass meine Stammzellen gute Arbeit leisten und zu unseren gemeinsamen Stammzellen wurden. Und so wie es deine Schwester gesagt hat, wir sind dadurch eine große Patchworkfamilie geworden und dein Blutsneffe freut sich auch schon darauf, dich und „unsere“ Patchworkfamilie kennenzulernen.
Ich freue mich sehr, dass uns das Schicksal zusammengebracht hat und es für dich ein Happy End gab!
Deine Blutsschwester