D+7: Blutwerte

Heute gab es keine besonderen Vorkommnisse – was mir auch ganz recht ist. Ich habe sogar ausnahmsweise mal relativ gut geschlafen.

Gestern habe ich mir die Blutwerte der letzten Tage aushändigen lassen. Natürlich strotzen sie nur so von Minuszeichen. Normal, wenn die verbrauchten alten Blutbestandteile nicht durch neu produzierte aufgefüllt werden.

Am auffälligsten sind die Leukozyten: Richtwert 4,3-10,1 G/l, bei mir gerade noch 0,01. Im Normbereich war ich zuletzt an d-3, also noch während der Chemo. Danach ging es rasant bergab. Weniger als 0,01 gibt die Ausgabegenauigkeit nicht her, es kann also nur bergauf gehen.

Die Erythrozyten sind mit 3.19 fast noch im Normbereich von 4,3-5,9 T/l. Allerdings wurde hier schon mal mit 2 Beutelchen nachgeholfen.

Bei den Thrombozyten gibt es einen Jo-Jo-Effekt. Der Normbereich von 140-440 G/l ist zur Zeit unerreichbar. Deshalb wird hier mit Transfusionen nachgeholfen, sobald der Wert unter 10 sinkt. Am Tag darauf kann er dann schon mal bei 17 liegen, das ist aber nur von kurzer Dauer. Spätestens am 2. Tag ist die 10 schon wieder unterschritten.

Liebe Stammzellen: Wenn Ihr dann nicht mehr mit dem Umzug beschäftigt seid, könntet Ihr wieder mit der Blutproduktion beginnen!

D+6: Besuche

Ich bin täglich ûberrascht vom regen  Interesse für meine Blogseiten, insgesamt bisher 3299 Zugriffe aus 13 Ländern. Danke auch für Eure zahlreichen Kommentare.

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Dank der guten WLAN-Anbindung konnten mich auch einige virtuell über Skype besuchen.

Potenzielle physische Besucher habe ich vielleicht durch meine Berichte abgeschreckt. Ich kann mich aber durchaus noch vernünftig unterhalten und liege nicht röchelnd im Bett ;-). Der Besucher muss einen grünen Kittel überziehen und einen Mundschutz tragen, dann wird er ins Zimmer gelassen. Besuchszeiten sind normalerweise nachmittags/abends. Wenn Ihr vorbeikommen wollt, meldet Euch bitte vorher bei mir.

Was sonst noch geschah:
Weil das Schlucken doch zunehmend unangenehm wird, läuft seit heute eine Morphin-Pumpe auf der niedrigsten Stufe.

D+5: Fastenzeit

Nein, fasten muss ich natürlich nicht. Da jedoch keine feste Nahrung mehr runterrutschen will, habe ich heute bis auf weiteres die Essenslieferungen aus der Diätküche abbestellt. Mein Frühstück, Mittagessen und Abendessen schaut jetzt so aus:

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und läuft direkt über den Venenkatheter ein. Noch verursacht das Schlucken keine Schmerzen, aber auch dagegen steht schon ein Mittelchen bereit.

Die gestrige Extrapackung Thrombozyten war wohl schnell aufgebraucht, denn heute morgen hatte ich etwas Nasenbluten. Also gab es heute schon wieder ein Tütchen Thrombos.

Ansonsten angesagt: Nichtstun …

D+4: Geduld

Herr, gib mir Geduld, aber bitte sofort!

 
Ja, geduldig zu sein fällt schwer, wenn ich daran denke, dass ich heute am Tag D+4 bin, und erst in ca 10 Tagen mit einer Aktivität der neuen Stammzellen zu rechnen ist.

Das Essen reduziert sich vor allem auf Obst und Infusionsbeutel, der sonntägliche Frühstückshefezopf wollte heute nicht hinunter. Zusätzlich gab’s heute das 3. Thrombozytenkonzentrat, und eventuell kommen noch zwei Beutel roter Blutkörperchen. Dann sind die meisten Speicher wieder gefüllt – bis auf die Leukozyten, die wohl derzeit nicht mehr nachweisbar sind.

Trotz allem verläuft aber wohl immer noch alles nach Plan, die Ärztin hat heute morgen gemeint, man würde mir gar nicht ansehen, dass sie überhaupt etwas mit mir angestellt hat.

D+3: Ein Hoch auf das Pflegeteam!

Nach einer etwas erholsameren Nacht schaut die Welt doch schon ganz anders aus. Die Ernährung ist umgestellt auf Obst, Pudding, Yoghurt und Infusion (der Stuhlgang schaut entsprechend aus, auch hier verzichte ich lieber auf die Bebilderung, um keine Leser zu vergraulen). Von der großen Hitzewelle da draußen bekomme ich nur im Fernsehen was mit, dank Klimatisierung ist die Temperatur hier drinnen sehr angenehm.

Das Pflegeteam hier muss mal ausdrücklich gelobt werden. Bei auftretenden Problemen beraten sie gleich, was man tun könnte, und bereiten mir dann z.B. gefrorene Fruchtsaftkugeln zum Lutschen vor oder besorgen mir zuckerfreien Kaugummi. Super, bei der dünnen Personaldecke und dem Arbeitsaufwand! (Und das schreibe ich hier nicht, um mich einzuschmeicheln – hallo an alle Mitlesenden der Station 3/0 😉 ).

D+2: Essen, Trinken, Schlafen …

… sind eigentlich derzeit meine Hauptaufgaben hier. Dennoch bereiten diese 3 Dinge mir zunehmend Schwierigkeiten.

Die Schleimhäute fangen an zu rebellieren, die Frühstückssemmel rutscht nicht mehr so bereitwillig hinunter, beim Trinken kommt fast immer ein Schluckauf. Ein Bild davon erspare ich Euch, nachdem sowohl die Ärztin als auch die Schwester den Blick in den Mund mit einem „oh ja“ quittiert haben. Es ist aber alles im Rahmen des Erwarteten, im Allgemeinen sind sie hier mit meinem Zustand sehr zufrieden. Jetzt gibt es halt zusätzlich noch intravenöse Ernährung, während ich trotzdem noch versuchen soll, Magen und Darm mit Obst, Suppen, … auch etwas zu beschäftigen.

Mit dem Schlaf hat es die letzten Nächte trotz Tablette auch nicht so recht geklappt. Einschlafen geht ja noch, aber irgendwann schreit eines der Infusionsgeräte nach Nachschub, und dann liege ich anschließend weitgehend wach. Auch hier soll nächste Nacht was Neues ausprobiert werden.

D+1: Lungentraining

Der Transplantationstag (D0) gestern verlief im wesentlichen ruhig. Es gab nur ein bißchen Aufregung, weil mein Blutdruck mal sehr tief, dann sehr hoch war. Inzwischen hat er sich aber wieder eingependelt. Kurzfristige Brustschmerzen waren wahrscheinlich direkt auf die eingespritzten Zellen zurückzuführen. In der Nacht habe ich kaum geschlafen, aber auch dafür gibt es eine Erklärung, da ich gestern ebenfalls eine gehörige Portion des Muntermachers Cortison erhalten habe. Heute bin ich also müde, aber sonst ok.

Zur Vorbeugung von Lungenschäden habe ich hier ein kleines einfaches Spielzeug, das ich Euch heute mangels anderer weltbewegender Ereignisse vorstelle: Zweck ist, tief einzuatmen, so dass möglichst die ganze Lunge beschäftigt ist und somit vor Entzündungen bewahrt bleibt. Dazu atmet man über das Mundstück ein, und versucht, den kleinen Anzeiger möglichst lange im Smilie-Bereich zu halten und somit das große gelbe Ding im Kolben nach oben zu bringen. (Ist einfacher als es klingt.)

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Ich hoffe, dass ich die nächsten Tage genauso wenig zu berichten habe, denn das würde bedeuten, dass es keine Komplikationen gibt …

D0: Die neuen Stammzellen sind drin und auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz!

Meine Spenderin hat ganze Arbeit geleistet und mir einen besonders gut gefüllten Beutel mit rheinländischen Stammzellen rübergeschickt.

Da diese nicht eingefroren werden mussten, sondern frisch verabreicht werden konnten, verlief die Transplantation ähnlich unspektakulär wie eine Bluttransfusion. Lediglich die Überwachung war etwas verschärft. Hier ist das Objekt der Begierde:
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Nun heißt es abwarten, bis die neuen Zellen ihren Weg ins Knochenmark gefunden haben und dort mit der Blutbildung beginnen. Das kann 10-20 Tage dauern, während denen der Körper einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt ist. Ich werde mein Bestes geben, diesen Gefahren aus dem Weg zu gehen …

Bis dahin rauschen die Blutwerte noch weiter nach unten. Die gestern zugeführten Blutplättchen sind schon wieder verbraucht und werden heute noch einmal nachgefüllt.

kurz vor D0: Der große Tag …

Yesterday is history, tomorrow is a mystery, but today is a gift. That’s why we call it the present.
A.A. Milne, Winnie-the-Pooh

In wenigen Stunden ist es soweit, der Tag D0 rückt näher. Mein Immunsystem ist weitgehend zurückgefahren, die T-Zellen sind ausgeschaltet, die Leukozyten im Sinkflug. Ich bin also bereit für die Entgegennahme der neuen Stammzellen, für deren Bereitstellung ich der unbekannten Spenderin hier noch einmal herzlichst danke. Ich hoffe, dass sie mir ein Leben ohne Morbus Hodgkin ermöglicht, und freue mich schon sehr darauf, sie in 2 Jahren vielleicht kennenlernen zu dürfen.

d-1: Chefarztvisite

Der Tag heute verlief bis vor kurzem ähnlich schläfrig wie der gestrige, mit kleinen Variationen. Heute stand keine eigentliche Chemo auf dem Plan, sondern nur der letzte Hammer für die T-Zellen (3-fache ATG-Dosis) und ein Medikament zur Unterdrückung des Immunsystems. Außerdem gab’s das erste Nachfüllpack für die dezimierten Blutplättchen.

Die Überraschung des Tages kam dann mit der Visite der beiden „wahren Chefärzte“, die wesentlich lockerer waren als ihre Kollegen in Weiß am Freitag und sich auch mehr Zeit genommen haben. So gab’s zu den Infusionen noch eine Dosis Lachen als Medizin dazu. Eine nette Geste!

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